Über das Projekt
Von November 2021 bis Oktober 2024 forschte die Technische Universität München in diesem Projekt gemeinsam mit der Landeshauptstadt München, den Stadtwerken München, der Hans Sauer Stiftung und der UnternehmerTUM sowie weiteren Partner*innen zur Mobilität in städtischen Quartieren.
Zentraler Bestandteil des Projekts war die zeitlich begrenzte Umsetzung von Lösungsansätzen in den beiden Münchner Parklizenzgebieten „Südliche Au“ und „Walchenseeplatz“ im Rahmen von sogenannten Reallaboren. Im Sommer 2023 wurden in beiden Quartieren für ein paar Wochen Straßenzüge in temporäre Grün- und Aufenthaltsflächen umgewandelt. So entstanden neue Räume, um sich dort aufzuhalten, zu gärtnern, sich zu treffen oder zu spielen. Dadurch konnten die Anwohner*innen probeweise erleben, welche Potenziale sich durch nachhaltige Mobilität und eine andere Nutzung des öffentlichen (Straßen-)Raums ergeben. Zeitgleich mit der temporären Umgestaltung der Straßenräume wurden dauerhaft drei Mobilitätspunkte mit neuen Angeboten in der Südlichen Au eingerichtet. Diese Mobilitätspunkte bündeln im gesamten Stadtgebiet verschiedene Angebote der Shared Mobility wie E-Tretroller, Fahrräder oder Autos und bieten so Alternativen zum eigenen Auto.
Das Projekt aqt ist Teil des Münchner Cluster für die Zukunft der Mobilität in Metropolregion (MCube). MCube wird von der Technischen Universität München geleitet und bringt die führenden Mobilitätsexpert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen unter dem Motto: miteinander möglich machen.
Ergebnisse:
In Umfragen, Gesprächen und Workshops wurden die Bewohner*innen nach ihren Ansprüchen, Wünschen und Ängsten zu Veränderungen im öffentlichen Raum gefragt. Dafür wurden die Haushalte in den beiden Quartieren unter anderem zu zwei Online-Befragungen eingeladen – vor sowie gegen Ende der Umsetzung der Maßnahmen. Während in der Südlichen Au verhältnismäßig viele Anwohnende an den Umfragen teilgenommen haben, war die Beteiligung rund um den Walchenseeplatz eher verhalten. Hier zeigt die Auswertung vor allem ein grobes Stimmungsbild.
Gesamtbewertung des Projekts
Während des Projektverlaufs gab es berechtigte Kritik und emotionalen Widerstand, aber auch viele positive Stimmen. Die wissenschaftliche Auswertung der Umfrage hat gezeigt: Die Mehrheit der Anwohner*innen befürwortete das Projekt. Insgesamt wünschen sich die Befragten mehrheitlich weitere Initiativen, welche den Straßenraum zugunsten Begrünung, Aufenthalt und alternativen Mobilitätsangeboten umwandeln. In der Südlichen Au bewerteten 60 Prozent der Befragten das Projekt insgesamt positiv, während 31 Prozent sich negativ äußerten. Am Walchenseeplatz war das Meinungsbild gemischter, mit einer knappen Mehrheit von 45 Prozent positiver Bewertungen gegenüber 42 Prozent negativer.
In beiden Quartieren sehen die Befragten wegen des Klimawandels großen Handlungsbedarf. Das Sichtbarmachen und gemeinsame Erproben von Veränderungen im Straßenraum kam gut an. Die meisten Menschen sind bereit, sich auf entsprechende Experimente zur Zukunft der Mobilität einzulassen (Südliche Au 68 Prozent bereit und 18 Prozent nicht bereit; Walchenseeplatz 58 Prozent bereit und 24 Prozent nicht bereit). Gleichzeitig ist aber die Skepsis groß, dass sie diese Zukunft tatsächlich mitgestalten können. Die Forschenden sehen hier eine große Chance, durch Reallabore das persönliche Engagement der Bürger*innen zu stärken.
Begrünung und Aufenthalt
Bei konkreten Maßnahmen zeigen sich in beiden Stadtquartieren ähnliche Tendenzen. Die zeitlich begrenzten Aufenthaltsräume wurden vielfältig genutzt und insgesamt positiv aufgenommen. Der Wunsch nach mehr Pflanzen im Quartier einte die Anwohner*innen, insbesondere angesichts heißer werdender Sommer. Eine deutliche Mehrheit der Befragten unterstützt die dauerhafte Umwandlung von Parkplätzen und Straßen in Grünflächen (Südliche Au 61 Prozent, Walchenseeplatz 56 Prozent; in der Südlichen Au stimmen 31 Prozent nicht zu und am Walchenseeplatz stimmen 33 Prozent nicht zu). Ebenfalls hoch im Kurs stehen zusätzliche Fuß- und Fahrradwege, Räume für Spiel, Bewegung und Kultur sowie Sitzgelegenheiten und Begegnungsorte für die Nachbarschaft.
Kommunikation und Beteiligung
So zu kommunizieren und zu beteiligen, dass sich alle ausreichend informiert und ihre Wünsche und Sorgen wahrgenommen fühlen, ist herausfordernd. Im Projekt haben die gewählten Kommunikationsformate nicht alle Anwohnenden erreicht. Ein Drittel der Befragten bewertete die Informationspolitik negativ. Für zukünftige Projekte ist es daher entscheidend, die Kommunikation noch durchdachter, transparenter und bürgernäher aufzusetzen, um alle Beteiligten zu erreichen und einzubinden. Gleichzeitig treffen viele verschiedene Bedürfnisse aufeinander und nicht alle können berücksichtigt werden. Hier können gemeinschaftliche Maßnahmen zu gesellschaftlichem Interessenausgleich und Eigeninitiative beitragen.
Pkw-Nutzung und Parken
Beim Thema Parken wurden unterschiedliche Ansprüche an den öffentlichen Raum sichtbar. Die einen freuen sich über die andere Nutzung des öffentlichen Raums durch mehr Begrünung und Aufenthalt, andere sprechen sich gegen die Reduktion von Parkplätzen aus. Die Umfrage hat gezeigt: Viele der im öffentlichen Raum parkenden Autos werden nur sehr selten bewegt. 35 Prozent der im öffentlichen Raum parkenden Pkws in der Südlichen Au (22 Prozent am Walchenseeplatz) werden an ein bis drei Tagen im Monat oder seltener bewegt. Trotzdem fällt es vielen sehr schwer, auf den eigenen Pkw zu verzichten (88 Prozent in der Südlichen Au und 84 Prozent am Walchenseeplatz), auch wenn sie sich darüber bewusst sind, dass sie häufiger andere Verkehrsmittel nutzen.
Unterschiedliche Ansprüche an den öffentlichen Raum
Das Projekt machte unterschiedliche Ansprüche an den öffentlichen Raum und bestehende Nutzungskonflikte sichtbar und stieß so gesellschaftliche Debatten an. Die teils emotional ausgetragenen Konflikte haben mehrere Seiten: Durch gegenseitiges Zuhören und Aushandeln fand nicht nur ein Dialog statt – es konnten auch gemeinschaftlich Gestaltungsvorschläge erarbeitet werden. Dieser Dialog wird von Anwohner*innen, die sich weiter in die Gestaltung ihres Quartiers einbringen möchten, auch nach Projektende fortgeführt.
Detaillierte Ergebnisse, Zahlen und Fakten finden Sie in der Ergebnisbroschüre, die Sie über den Link in der gelben Infobox herunterladen können.
(Alle Fotos: MCube, Zayika)