Am 23. Juni 2021 hat der Münchner Stadtrat den Entwurf einer neuen Gesamtstrategie für Mobilität und Verkehr beschlossen. Leitbild der neuen „Mobilitätsstrategie 2035“ ist die Sicherung von Lebensqualität und Allgemeinwohl.
Die Mobilitätsstrategie 2035
Straßen dienen nicht nur dem Verkehr. Sie sind auch wichtige Lebensräume, die das Bild und die Lebensqualität unserer Stadt bedeutsam prägen. Deswegen wird neben der Erreichbarkeit, die Erhöhung der Aufenthaltsqualität erstmals als wichtiges Hauptziel festgelegt. Neu ist auch die Definition, was Leistungsfähigkeit im Verkehr bedeutet. Es geht nicht mehr nur darum, möglichst viele Autos durch das Straßennetz zu bekommen. Vielmehr wird in den Fokus gerückt, möglichst viel Mobilität zu ermöglichen, und zwar für Alle, unabhängig von ihrer individuellen Verfügbarkeit eines Autos und persönlicher Voraussetzungen. Deswegen wird die Leistungsfähigkeit von Straßen zukünftig nicht mehr nur im Sinne des Autoverkehrs beurteilt, sondern über alle Verkehrsmittel hinweg.
Als Leitindikator legt die Mobilitätsstrategie 2035 für die zukünftige Planung die Flächeneffizienz fest. Denn je weniger Fläche pro Fahrt für eine Person oder ein Gut benötigt wird, desto mehr Personen und Güter können auf der gleichen Fläche transportiert werden. Mit Abstand am flächeneffizientesten sind ein gut ausgelasteter Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), der Radverkehr und der Fußverkehr. Diese drei Verkehrsarten zusammen bilden den sogenannten Umweltverbund. Eindeutig am meisten Fläche verbraucht das private Auto, das in Zukunft noch attraktivere Alternativen im Rahmen des Umweltverbunds sowie eines großflächigen und attraktiven Carsharing-Angebots erhält. Deswegen ist es nur folgerichtig, im Konfliktfall den Umweltverbund künftig grundsätzlich zu bevorzugen.
Ziele
Um dies zu erreichen, muss das Angebot des Umweltverbunds massiv ausgebaut werden. Dies erfordert eine stark erhöhte finanzielle Unterstützung sowie größere rechtliche Spielräume auch von Seiten des Bundes und des Freistaats. Zudem müssen im Konfliktfall Straßenraum und Grünzeiten an den Ampeln zugunsten des Umweltverbunds umverteilt werden, um dessen Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Alle Möglichkeiten, in München mobil zu sein, sollen zudem gebündelt und möglichst aus einer Hand angeboten werden sowie leicht und einfach nutzbar sein. Für neue Stadtquartiere und die Sanierung bestehender Siedlungsgebiete sollen innovative Mobilitätskonzepte entwickelt werden, die ein Leben ohne eigenes Auto bei voller Mobilität ermöglichen. Stadt und Region müssen zur Reduzierung des Auto-Pendler*innenverkehrs Hand in Hand arbeiten. Dieses in vielfacher Weise integrierte Denken und Handeln ist ein Markenzeichen der neuen Mobilitätsstrategie 2035.
Die Mobilitätsstrategie hat konkrete übergeordnete Ziele: Der Verkehr soll bis 2035 klimaneutral sein. Bis zum Jahr 2025 sollen mindestens 80 Prozent des Verkehrs der Münchner*innen durch abgasfreie Kraftfahrzeuge, den öffentlichen Personennahverkehr, sowie Fuß- und Radverkehr zurückgelegt werden. Es soll keine Toten und Schwerverletzten mehr auf Münchens Straßen geben.
Die Mobilitätsstrategie 2035 folgt den Vorgaben der europäischen Verordnung zu Transeuropäischen Verkehrsnetzen (TEN-V) und kann als "Sustainable Urban Mobility Plan" (kurz: SUMP; deutsch: Nachhaltiger Städtischer Mobilitätsplan) bezeichnet werden. Alle europäischen Städte, die an strategischen Knoten im europäischen Verkehrsnetz liegen und alle europäischen Städte, in denen mehr als 100.000 Menschen wohnen, müssen bis 2027 einen SUMP erarbeitet haben.
Der SUMP München wird aus 16 Teilstrategien bestehen. Jede einzelne bildet einen Baustein, um die Mobilitätswende in München umzusetzen.
Teilstrategien
Evaluation
Der Erfolg der Mobilitätsstrategie und die Wirkung der Maßnahmen werden evaluiert. Die Moblitätsstrategie wird regelmäßig aktualisiert und fortgeschrieben.
Im Laufe der letzten Jahre ist die Landeshauptstadt München den gesteckten Zielen näher gekommen. Gemäß den aktuellen bundesweit stattfindenden Erhebungen für 2023 (Zahlen aus dem "System repräsentativer Verkehrsbefragungen – SrV") legen bereits 76 Prozent der Münchner*innen ihre Wege mit dem ÖPNV, dem Fahrrad oder zu Fuß zurück. Dabei sank der Autoverkehr um zehn Prozentpunkte und der Fußverkehr stieg um neun Prozentpunkten im Vergleich zu 2017 deutlich. Im Hinblick auf den Verkehr an Werktagen (Montag bis Freitag) wird die Forderung des Bürgerbegehrens „Sauba sog I“, 80 Prozent der Wege mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu nutzen, sogar noch deutlicher erfüllt. Hier liegt der Anteil bereits bei 79 Prozent, ohne die elektrischen Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen. Ausführliche Informationen dazu finden Sie HIER.
Beteiligungsphase 2022
Bürger*innen, Interessengruppierungen, Wissenschaft und Wirtschaft waren herzlich eingeladen, sich an der Diskussion über den Entwurf der Mobilitätsstrategie 2035 aktiv zu beteiligen und ihre Anregungen einzubringen. Der Startschuss für die Beteiligung erfolgte mit dem 1. Münchner Mobilitätskongress. Dort wurden die Mobilitätsstrategie 2035 und die damit verbundenen Fragen, wie eine Verkehrswende besonders gut gelingen kann, im Rahmen zahlreicher Vorträge und Workshops diskutiert und vertieft. Daran anschließend fand zwischen Februar und Mai 2022 die intensivere Beteiligungsphase zur Mobilitätsstrategie 2035 statt. Aufgrund er Pandemie wurden alle Veranstaltungen online abgehalten. Hierbei stand vor allem der Einbezug der Bürger*innen im Mittelpunkt.
Die konkrete Beteiligung erfolgt mehrstufig und in unterschiedlichen Formaten. Es gab ein öffentliches Mobilitätsforum für die Bürger*innen sowie sieben Perspektivworkshops mit verschiedenen Zielgruppen: Bezirksausschüsse, städtische Referate und Verwaltung, Wirtschaft , Wissenschaft, mobilitätseingeschränkte Personen, Senioren*innen, Jugend, Initiativen und Verbände, Stakeholder aus der Region.
Beteiligungsphase der Teilstrategien
Für die Erarbeitung der Teilstrategien finden ebenfalls eigene Beteiligungsrunden statt. Je nach Thema werden hierfür die passenden Akteure eingeladen und in verschiedenen Formaten beteiligt, zum Beispiel in Form von Expert*inneninterviews und zu Fachworkshops.
Weiteres Vorgehen
Dem Stadtrat werden die Ergebnisse der Beteiligung und der überarbeitete Entwurf der Mobilitätsstragei 2035, die dem SUMP für München entspricht, zur endgültigen Beschlussfassung 2026 vorgelegt.

(Illustration: Claudia Klein)
Film: Die Mobilitätsstrategie 2035, mit Einordnungen von Oberbürgermeister Dieter Reiter und Mobilitätsreferent Georg Dunkel.