Wie ist dir die Merci Dir-Kampagne zum ersten Mal aufgefallen?
Ich glaube, das war auf dem Winter-Tollwood. Da gab es dieses Stimmungsbarometer mit den Lutschbonbons. Eine gelungene Aktion, vor allem für meine Kinder. Dort ist mir dann auch mein Spruch eingefallen. Das war ein spontaner und etwas schräger Reim, der ist mir einfach so ins Gedächtnis gepoppt.
„Lieber gemeinsam als Recht ham“: Kannst du uns genauer erklären, was du damit meinst?
Autos, Fahrräder, Fußgänger*innen – der Verkehr wird in München immer mehr, aber der Raum nicht. Da nehmen die Konflikte zu. Mir gefällt das Zitat von Kurt Tucholsky gut: „Der Deutsche fährt nicht wie andere Menschen. Er fährt, um recht zu haben.“ Das gilt nicht nur für Autofahrer*innen, sondern für alle Verkehrsteilnehmer*innen. Jeder beharrt auf seinem vermeintlichen Recht. Warum immer gleich schimpfen? Stattdessen könnte man auch denken: Ok, passt schon. Einfach mal zurücktreten.
Erlebst du den Verkehr in München oft als ein Gegeneinander?
Ja, jeder gegen jeden. Die Fußgänger*innen schimpfen auf rücksichtslose Radler*innen. Die regen sich über Fußgänger*innen auf, die auf dem Radweg stehen. Oder über die Autos, die falsch parken. Und die Autofahrer*innen über die Radler*innen, die auf der Straße fahren. Stattdessen sollte man sich mal kurz in die anderen hineinversetzen. Dann versteht man vielleicht, wenn ein Radler nicht hinter einem wartenden Auto stehenbleiben will. Oder warum ein Fußgänger auf den Radweg ausweichen muss.
Wie bist du selbst in der Stadt unterwegs?
In der Stadt fast immer zu Fuß und ab und zu mit den Öffentlichen. Außerhalb der Stadt fahre ich gerne mal mit dem Auto. Ich habe einen Oldtimer, einen Alfa Romeo Giulia Nuova, das ist unser Familienauto. Das einzige Verkehrsmittel, das ich unter keinen Umständen nutzen werde, sind E-Tretroller. Gerade bei denen wäre ein wenig mehr Rücksicht sehr angebracht.
Schaffst du es, in Konfliktsituationen ruhig zu bleiben?
Vielleicht ist das bei mir schon beginnende Altersmilde. Ich bin viel entspannter, als ich früher war. In jungen Jahren bin ich möglichst jede Strecke mit dem Auto gefahren – und war oft ziemlich hektisch. Heute weiß ich: Wenn ich schneller fahre oder drängle, bringt das nichts. Die wenigen Minuten, die ich vielleicht rausholen kann, rentieren sich nicht. Ich bemühe mich, immer ruhig zu bleiben. So kommt man besser ans Ziel.
Welche Neuerungen im Münchner Verkehr aus den letzten Jahren gefallen dir?
Die Umwandlung der Sendlinger Straße in eine Fußgängerzone finde ich super. Da erkennt man, wie einfach urbaner Platz wieder für Menschen da sein kann. Auch die Schanigärten gefallen mir gut. Gerade im Westend war wenig Leben auf den Straßen. Jetzt gibt es hier viele Gaststätten mit Schanigärten. Im Sommer hat das nun ein ganz anderes Flair. Insgesamt fallen dafür nur ein paar Parkplätze weg – und in der Tiefgarage bei uns im Viertel ist genug Platz.
Was wünschst du dir für die Mobilität der Zukunft in München?
Innerhalb vom Altstadtring sollte es gar keinen Autoverkehr mehr geben. So wie es in vielen italienischen Städten heute schon ist: Da ist das komplette historische Zentrum autofrei. Zwischen Altstadtring und Mittlerem Ring sollten nur Anwohner*innen oder Lieferant*innen fahren dürfen. Den nötigen Autoverkehr müsste man auf wenige Hauptrouten begrenzen. Damit alle eine Chance haben, aufs Auto zu verzichten, müssen die Öffentlichen deutlich ausgebaut werden. Aber ernsthaft: Schon heute braucht man in München kein Auto, und wer aus dem Umland kommt, muss auch nicht mit dem Auto in die Innenstadt reinfahren.