Das Unfallgeschehen auf freier Strecke lässt sich in der Unfallstatistik am besten anhand der Konfliktsituation, aus der ein Verkehrsunfall entstanden ist, beschreiben, dem sogenannten Unfalltyp. Der hierzu passende Unfalltyp „Unfälle im Längsverkehr“ beschreibt die Folge eines Konflikts, welcher durch in gleicher Richtung oder entgegengesetzt fahrende Verkehrsteilnehmer ausgelöst wird (und keinem anderen Unfalltyp entspricht).

Der Unfalltyp ist im Wesentlichen durch Unfälle zwischen motorisierten Verkehrsteilnehmer geprägt. Hierzu zählen sowohl Auffahrunfälle als auch Unfälle beim Fahrstreifenwechsel oder (eher seltener) Unfälle beim Überholen (z. B. mit frontalem Aufprall). Die Mehrzahl dieser Unfälle führt erfahrungsgemäß nicht zu schweren Folgen, außer es treten unangemessen hohe Geschwindigkeiten auf oder es sind verletzliche Verkehrsteilnehmer (motorisierte Zweiradfahrer) betroffen.

Die zweite relevante Gruppe sind Unfälle mit Radfahrerbeteiligung sowohl mit dem Konfliktgegner Pkw als auch Fußgänger. Beide Konfliktkonstellationen können zumeist auf unzureichende Platzverhältnisse, sowohl bei Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn (im Mischverkehr, auf Rad- oder Schutzstreifen), als auch im Seitenraum (Radweg, gemeinsamer Geh-/Radweg, Gehweg frei) interpretiert werden.

Problem Geschwindigkeitsunfälle

Die Zahl der Geschwindigkeitsunfälle im Stadtgebiet München ist im Jahr 2021 um 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, entsprechend nahm auch die Zahl der leicht- und schwerverletzten Verkehrsteilnehmer*innen um 29 Prozent bzw. um 25 Prozent zu. 

Grundsätzlich werden Unfallhäufigkeit, v. a. aber die Unfallfolgen maßgeblich von der Geschwindigkeit mitbestimmt. Bei niedrigerer Geschwindigkeit können Unfallsituationen durch die Reaktionen der Verkehrsteilnehmer im Konfliktfall eher vermieden werden. Ist der Unfall unvermeidbar, so hängen die Unfallfolgen, Schäden für Leib und Leben sowie Sachschäden erheblich von der Geschwindigkeit ab. Grundsätzliche Erkenntnisse einer umfassenden Studie zu diesem Thema (Elvik et al. 2004) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Im Falle eines Unfalls führt eine höhere Geschwindigkeit auch in aller Regel zu schweren körperlichen Verletzungen.
  • Mit steigender Geschwindigkeit nimmt die Unfallhäufigkeit überdurchschnittlich zu.
  • Der Geschwindigkeitseinfluss auf die Unfallhäufigkeit begründet sich v. a. durch kürzere Reaktionszeiten, verlängerte Bremswege und eine verringerte Wahrnehmungszeit.

Entsprechend ließen sich durch die Absenkung des innerörtlichen Geschwindigkeitsniveaus, streckenabhängig in unterschiedlicher Ausprägung, teilweise erhebliche Sicherheitsgewinne durch die Reduzierung der Anzahl und Schwere von Unfällen erzielen.

Eine streckenbezogene, d. h. räumlich verortete, Bewertung dieser Möglichkeit wurde bislang traditionell entlang des Unfallgeschehens, sprich reaktiv, vorgenommen. Entsprechend wurde für unfallträchtige Streckenabschnitte die Möglichkeit einer Herabsetzung der Regelhöchstgeschwindigkeit geprüft bzw. wurde ggf. ein erhöhtes Geschwindigkeitsniveau mittels Überwachung sanktioniert.

Im Zuge der Umsetzung der „Vision Zero“ werden jedoch künftig verstärkt präventive Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bzw. zur Vermeidung von Unfällen eingesetzt. Entsprechend werden z. B. auch verstärkt Unfallrisiken identifiziert und Maßnahmen zu deren Reduzierung geprüft.