Am häufigsten werden wir beim Handy schwach: Von den fünf zur Auswahl stehenden Antwortsäulen wurde „aufs Handy gucken oder tippen“ von den meisten gewählt. Auf Platz zwei steht aktuell eine Ablenkung ohne äußeren Einfluss: „Tagträumen oder in Gedanken versunken sein“. Die drei weiteren Antworten liegen nah beieinander in dieser Reihenfolge:
3. „Etwas oder jemandem hinterherschauen“
4. „Emotionale Gespräche führen“
5. „Musik hören“
Auf dem Münchner Stadtgeburtstag und dem Tollwood Sommerfestival konnten wir außerdem mit etwa 1.300 Abstimmungs-Teilnehmer*innen persönlich sprechen. Dabei wurde deutlich: Das Thema Ablenkung im Verkehr beschäftigt die Menschen quer durch alle Altersklassen. Beim dazugehörigen Ablenkungstest hatten die meisten mindestens einen Aha-Moment (den Link zum Test findet ihr rechts in der gelben Infobox).
So findet die Wissenschaft heraus, wie gefährlich Ablenkung wirklich ist
Dass die Test-Teilnehmer*innen die Ablenkung durchs Handy an erster Stelle nennen, verwundert nicht. Nicht nur in der eigenen Wahrnehmung vieler Menschen, auch in Studien schneidet es als eine der gefährlichsten und häufigsten Ablenkungsquellen ab: Während wir am Steuer eine Textnachricht schreiben oder lesen, ist die Unfallwahrscheinlichkeit etwa 6-mal (!) so hoch wie bei normaler, aufmerksamer Fahrt. Das ist gefährlich genug, trotzdem gibt es einige Verhaltensweisen, die das Unfallrisiko noch stärker erhöhen. Wissenschaftler*innen unterscheiden zwischen mehr Arten der Ablenkung als wir an unserem Stimmungsbarometer. Und sie schauen sehr genau hin: So ist zum Beispiel nicht alles, was wir mit dem Handy tun können, gleich gefährlich. In groß angelegten Experimenten – sogenannten „Naturalistic Driving Studies“ – statten sie die Autos von tausenden Autofahrer*innen mit Kameras und Mikrofonen aus und verfolgen das Fahrverhalten der Fahrer*innen über mehrere Jahre hinweg (siehe gelbe Infobox). So können sie alle Unfälle und Beinahe-Unfälle analysieren und herausfinden, ob und welche Ablenkung dazu beigetragen hat.
Das sind die gefährlichsten Ablenkungen während des Autofahrens
Das Ergebnis: Die gefährlichste Ablenkung im Auto ist das Wählen einer Nummer auf dem Handy. Die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall ist in diesem Moment etwa 12-mal so hoch wie bei normaler, aufmerksamer Fahrt! Dahinter folgen das Greifen nach einem schwer erreichbaren Objekt im Auto (9-faches Unfallrisiko), längere Blicke auf etwas oder jemanden außerhalb des Autos (7-faches Unfallrisiko) und das bereits erwähnte Lesen oder Schreiben von Textnachrichten (6-faches Unfallrisiko).
Und was ist mit den anderen Antworten auf dem Stimmungsbarometer?
Auf Platz zwei des aktuellen Münchner Stimmungsbildes liegt: „Tagträumen oder in Gedanken versunken sein“. Tatsächlich liefern die "Naturalistic Driving Studies" hierzu keine Erkenntnisse, da die Verkehrsforscher*innen die Gedanken der Studienteilnehmenden nicht beobachten können. Studien mit Fahrsimulatoren zeigen aber, dass Autofahrer*innen schlechter fahren, wenn sie in Gedanken versunken sind. Ähnlich verhält es sich mit emotionalen Gesprächen. Sich ruhig mit Mitfahrenden oder über die Freisprechanlage zu unterhalten, ist an sich nicht gefährlich. Gefährlich wird es, wenn starke Emotionen im Spiel sind. So zeigen Studien, dass die Fahrkompetenz von Autofahrer*innen stark abnimmt, wenn sie sich ärgern, wütend oder traurig sind (siehe zum Beispiel Studie in der gelben Infobox). Gespräche über die Freisprechanlage sind außerdem nur dann harmlos, wenn wir das Telefon dazu nicht in die Hand nehmen oder anschauen. Die "Naturalistic Driving Studies" ziegen: Ein Handy nur in der Hand zu halten, verdoppelt bereits das Unfallrisiko! Für eine ablenkungsfreie Fahrt muss das Telefon also ausschließlich per Sprachsteuerung bedient werden. Die Rechtsprechung folgt der Wissenschaft: Das Handy während der Fahrt in der Hand zu halten, ist verboten und wird mit Bußgeld bestraft.
Musik ist vor allem bei Radelnden ein Problem
Die Studienlage zu Musik im Auto ist sehr dünn. So lange sie nur so laut ist, dass man noch alle Umgebungsgeräusche mitbekommt, scheint Musik beim Autofahren kein großer Ablenkungsfaktor zu sein. Anders ist das auf dem Rad. Hier zeigen Studien: Radler*innen, die Musik hören, verpassen nicht nur häufig Wichtiges aus dem Verkehrsgeschehen, sondern überfahren auch öfter Ampeln oder begeben sich in andere gefährliche Situationen. Abgesehen vom Musikhören ist die wissenschaftliche Datenlage unter den verschiedenen Verkehrsmitteln für das Autofahren mit Abstand am umfassendsten. Das leuchtet ein, denn wer im Auto abgelenkt ist, wird schnell zur Gefahr für andere Verkehrsteilnehmende, insbesondere für Radelnde oder Zu-Fuß-Gehende. Allerdings können diese auch selbst zu einer Gefahr werden, wenn sie abgelenkt sind. Nicht umsonst gibt es für Fußgänger*innen, die beim Gehen auf ihr Handy starren, inzwischen einen eigenen Begriff: Smombie (kurz für Smartphone-Zombie). Bei unseren Gesprächen am Stimmungsbarometer waren sich die Teilnehmer*innen einig: Indem wir alle ganz unabhängig vom jeweiligen Verkehrsmittel aufeinander achtgeben, machen wir unsere Straßen sicherer und unser Miteinander entspannter und angenehmer.
Und was ist mit euch?
Habt ihr immer alles auf dem Schirm? Und was kostet es eigentlich, mit dem Handy in der Hand erwischt zu werden? Macht jetzt unseren Ablenkungstest! Den Link findet ihr in der gelben Infobox.
Das nächste Mal mit dem Stimmungsbarometer vor Ort sind wir auf dem Zamanand vom 14. bis 15. September, auf dem „Da sein für München“ am 19. Oktober und dann auf dem Tollwood Winterfestival im Dezember. Kommt vorbei und stimmt mit ab – jedes Bonbon zählt!